„Unzureichend“: Mediziner kritisieren die neuen Corona-Beschlüsse

Nach den Beschlüssen der Bund-Länder-Runde herrscht insbesondere in der Medizin Skepsis. Viele Ärztinnen und Ärzte fordern härtere Maßnahmen. Die neuen Regeln reichten nicht aus, um die Pandemie zu brechen.
Die aktuellen Corona-Beschlüsse reichen laut Medizinern nicht aus, um eine Überlastung des Gesundheitswesens im Winter zu verhindern. Symbolfoto: Jens Büttner/dpa-Bildfunk
Die aktuellen Corona-Beschlüsse reichen laut Medizinern nicht aus, um eine Überlastung des Gesundheitswesens im Winter zu verhindern. Symbolfoto: Jens Büttner/dpa-Bildfunk

Bund und Länder haben am Donnerstag (3. Dezember 2021) die neuen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vorgestellt. Sie sehen unter anderem Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und Böllerverbot vor. Vielen Mediziner:innen zufolge brauche es jedoch noch strengere Regeln.

Bundesärztekammer-Präsident fordert bundesweit 2G-Plus

Laut des Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, seien die Beschlüsse „unzureichend“. Wie er der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte, brauche es weitergehende Maßnahmen, „um das Gesundheitswesen vor Überlastung zu schützen„. Sein Vorschlag: Bundesweit müsse 2G-Plus in Bars, Restaurants sowie für Sport und Kulturveranstaltungen in Innenräumen gelten. Auch Geimpfte und Genesene sollten sich demnach testen lassen. Im Saarland gilt diese Regeln bereits, vom Bund vorgeschrieben ist sie jedoch nicht. Die Regeln müssten, so Reinhardt, zudem strikt kontrolliert und Verstöße sanktioniert werden.

Intensivmediziner:innen plädieren für Kontaktbeschränkungen

Auch der Präsident der Intensivmediziner-Vereinigung Divi, Gernot Marx, zweifelt an den beschlossenen Maßnahmen. „Wir brauchen deutliche Kontaktbeschränkungen, aktuell tatsächlich am besten für alle“, erklärte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Man wissen noch nicht genug über die neue Virusvariante Omikron. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die Impfstoffe vermindert wirken. „Wegen dieses Nicht-Wissens ist zwingend notwendig, besonders vorsichtig zu sein.“

Epidemiologe zweifelt an Umsetzbarkeit der Maßnahmen

Skeptisch zeigte sich auch der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen. Ihm zufolge seien demnach einige Beschlüsse schwer umzusetzen. „Es ist fraglich, wie die Kontaktbeschränkungen von Ungeimpften durchgesetzt und kontrolliert werden können“, so Zeeb. Mit den aktuellen Beschlüssen würde der Anstieg in Kliniken und auf Intensivstationen somit noch drei bis vier Wochen anhalten. Auch die Inzidenz werde derweil weiter steigen. „Die Welle wird nicht so schnell aufhören.“

Sind 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten zu schaffen?

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, hält die Beschlüsse zwar für den richtigen Ansatz, aber zweifelt an der Umsetzbarkeit der 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten. Auch laut Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe, komme in vielen Städten aktuell noch nicht genügend Impfstoff an. Einer Rechnung des Epidemiologen Zeeb zufolge, könnten bei der aktuellen Quote von einer Million Impfungen täglich bis Heiligabend erst rund 20 Millionen erreicht werden. Die Zahl müsse daher auf rund 1,5 Millionen pro Tag steigen, um das Ziel einzuhalten.

Kritik auch von Polizei und Pyrotechnik-Verband

Die vierte Welle und die neuen Beschlüsse bereiten unterdessen auch Nicht-Mediziner:innen Sorgen. So fürchtet die Gewerkschaft der Polizei etwa eine weitere Zunahme der Aggressivität in der Bevölkerung. Der Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPI), Klaus Gotzen, sorgt sich derweil um seine Branche. Das Böllerverbot bedrohe 3.000 Jobs.

Die aktuelle Corona-Lage in Deutschland

Das Robert-Koch-Institut meldete am Freitagmorgen (3. Dezember 2021) nach einem leichten Rückgang an den Vortagen nun wieder einen Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz. Diese liegt demnach aktuell bei 442,1. Am Vortag hatte sie dabei 439,2 betragen, vor einer Woche 438,2 und im Vormonat 169,9. Innerhalb eines Tages verzeichneten die Gesundheitsämter in Deutschland zudem 74 352 Corona-Neuinfektionen. Vor genau einer Woche waren es 76 414 Ansteckungen.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presseagentur
– Eigene Artikel