Liebes-Geheimcode auf dem Friedhof: Saar-Tradition wird Titel eines Bestseller-Romans

Der Autor nennt es "Friedhofs-Tinder" - und die Tradition stammt offenbar aus dem Saarland. Dieser heimische Brauch, der sich zwischen Grabsteinen und Trauergebinden abspielt, hat es auf den Titel eines "Spiegel"-Bestsellers geschafft. Das ist die Geschichte.
Saša Stanišić und sein Werk: Bei einer Lesung stellt er es in Saarlouis vor. Fotos: Luchterhand-Verlag/Christian Charisius/dpa-Bildfunk
Saša Stanišić und sein Werk: Bei einer Lesung stellt er es in Saarlouis vor. Fotos: Luchterhand-Verlag/Christian Charisius/dpa-Bildfunk

Der Buchtitel ist rekordverdächtig

Saša Stanišić ist nicht irgendwer. Gerade wurde er mit dem wichtigen Wilhelm-Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet. Auch den Deutschen Buchpreis hat er schon bekommen. Sein neuestes Werk ist wahrscheinlich sogar rekordverdächtig. Nicht, weil es ziemlich oben auf der „Spiegel“-Bestseller-Liste stand, sondern weil der Titel so lang ist. Der Roman heißt. Achtung, kurz Luft holen und durchatmen: „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“.

„Friedhofs-Tinder“ aus dem Saarland

Die Tradition, die es dank Stanišić auf das Cover seines Buches geschafft hat, stammt – aus dem Saarland. Erzählt hat er es jetzt in einem Gespräch mit dem “Deutschlandfunk”. Der Deutsch-Bosnier interessiert sich für Friedhöfe, weil sie viel von Traditionen, aber auch von Lebensgeschichten erzählen.

Im Saarland ist der Bestseller-Autor dann auf diese besondere, etwas eigentümliche Verhaltensweise gestoßen – auf einen geheimen Liebescode. Die Witwe trauert um ihren verstorbenen Mann, sie pflegt das Grab. Irgendwann ist sie vielleicht wieder bereit, ihre Trauer abzulegen und sich für ein neues Leben zu öffnen. Ganz zaghaft tut sie dann das, was der Buchtitel beschreibt: Weil sie wieder angesprochen werden will, platziert sie auf dem Grab eine Gießkanne und dreht den Ausguss nach vorne.

Die Geißkanne spielt bei dieser besonderen Tradition die Liebesbotin. Foto: Adobe Stock/ArtCookStudio

Geheimsprache der Liebe

Stanišić nennt das scherzhaft „Friedhofs-Tinder“. Wer die Zeichen deuten kann, darf nun sein Glück bei der Dame versuchen – und sie ansprechen. Ihm sei berichtet worden, dass diese Geheimsprache der Liebe tatsächlich funktioniere. Er wisse von einigen Paaren im Saarland, die so zusammengefunden hätten. Der Gießkanne sei Dank.

Der humorvoll erzählte Roman führt seine Leser:innen zu Menschen, die Entscheidungen treffen müssen. Immer steht die Frage im Raum: Was wäre, wenn man etwas nicht so, sondern anders gemacht hätte? Welche Wendung hätte das Leben wohl genommen? Manchmal hilft eine Gießkanne nach beim Glück – wenn sie in die richtige Richtung zeigt.

Lesung im Saarlouiser „Theater am Ring“

Das Buch „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ von Saša Stanišić ist im Luchterhand-Verlag erschienen und kostet 24 Euro (256 Seiten). Für Kurzentschlossene: Saša Stanišić liest am Mittwoch, 11. September, im Theater am Ring in Saarlouis. Die Lesung startet um 19 Uhr. Einlass ist ab 18.30 Uhr. Tickets gibt es noch vor Ort oder online.

Verwendete Quellen:
– Eigene Recherche
– Interview im Deutschlandradio