Saarländerin Emily Vontz (23): Darum will sie nicht mehr in den Bundestag
Anruf von Heiko Maas brachte krasse Wendung
Ein Anruf von Heiko Maas gab ihrem Lebenslauf eine ziemlich krasse Wendung. Die Losheimerin Emily Vontz hatte 2021 zwar in ihrem Wahlkreis Saarlouis-Merzig-Wadern für den Bundestag kandidiert. Echte Chancen rechnete sie sich aber nicht aus. Also startete sie ihr Studium an der nahen Trierer Uni. Der besagte Anruf änderte dann alles: Ex-Außenminister Heiko Maas (SPD) wollte den Bundestag verlassen, die Nächste auf der Liste war Emily Vontz. Im Januar 2023 rückte sie dann für die SPD nach. Ihr Leben veränderte sich auf einen Schlag!
Kehrtwende: Deshalb ist 2025 Schluss
Womit niemand gerechnet hat: Nach dieser Legislatur-Periode ist Schluss! Emily Vontz hat über ihren Instagram-Account verkündet: Sie tritt 2025 nicht wieder an. Noch im März 2024 hörte sich das ganz anders an. Während eines Heimatbesuchs in Saarlouis gab sie SOL.DE ein großes Interview: Da war sie gut ein Jahr im Bundestag – und berichtete über ihre Erfahrungen. So wie zuvor bereits in ihrer Kolumne „Emily in Berlin“, in der sie exklusiv für SOL.DE über ihren Berliner Politik-Alltag berichtete.
Bei dem Gespräch mit uns wollte sie sich zwar noch nicht explizit über ihre Zukunft im Bundestag äußern, ließ aber durchblicken, dass sie durchaus dafür brennt. Jetzt die überraschende Kehrtwende! In Ihrem Instagram-Post schreibt sie, dass sie ihr Studium weiterführen will. In diesen September-Tagen schließt sie es erst einmal mit dem Bachelor ab – bis dahin paukte sie neben ihrer zeitlich stark belastenden Arbeit als Abgeordnete für ihre Fächer Politik und Französisch.
Ihre Arbeitstage haben manchmal 16 Stunden
Im Interview mit SOL.DE bekannte sie damals: “ Im Bundestag sind es manchmal so 14-, 16-Stunden-Tage. Klar, da arbeitet man nicht von morgens bis abends durch. Viele Abgeordnete kommen ohne viel Schlaf aus, da habe ich mich leider noch nicht so daran gewöhnt.“ Jetzt sagt sie: „Ich will den Master machen.“ Es war ihr klar: Nebenbei geht das nicht mehr!
Zustand der Ampel dämpfte Chancen für Wiederwahl
Eine Rolle für ihre Entscheidung dürfte auch gespielt haben, dass die Chancen für eine Wiederwahl nicht ganz so gut sein dürften. Die SPD und die Ampelparteien stehen ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl ziemlich desolat da. Im Interview mit uns hatte Emily Vontz noch auf den Ampel-Frühling spekuliert – „die Hoffnung bleibt“, meinte sie damals. Doch der Frühling blieb aus – jetzt kommen Herbst und Winter.
Jüngste Abgeordnete im Bundestag, dazu Nachfolgerin des ehemaligen Bundesaußenministers – damit war sie etwas Besonderes. Ausruhen darauf wollte sie sich aber auf keinen Fall – und machte sich schnell einen guten Namen. Auch bei der Berliner Polit-Prominenz: Einer der ersten, der auf ihren Abschieds-Post reagierte, war Lars Klingbeil, Chef der Bundes-SPD: „Ich verstehe jedes Wort. Und trotzdem ist das sehr schade.“
Männer mit sexistischen Sprüchen im Bundestag
In den gut anderthalb Jahren im Bundestag lernte Emily Vontz aber auch die unangenehme Seite kennen, wenn sie als junge Frau an das Rednerpult trat. Ob sie auch Widerstand zu spüren bekam, wollten wir im Interview von ihr wissen. „Ja, tatsächlich von älteren, männlichen Kollegen im Bundestag. Auch aus der Ampelkoalition. Wenn man ans Rednerpult im Bundestag tritt, hört man auch sexistische Sprüche, vor allem von der AfD“, bekannte sie im Frühjahr im Gespräch mit uns.
Vielleicht hat sie bei ihrer Entscheidung auch einen Satz berücksichtigt, den ihr Heiko Maas mit auf den Weg gegeben hatte. Emily Vontz hatte ihn uns im Interview verraten: „Er hat gesagt, man soll nie vergessen, wo man herkommt. An diesen Satz erinnere ich mich sehr oft. Denn: Natürlich ist Berlin eine eigene Welt, eine Politikblase, in die man sich nicht hineinziehen lassen darf.“ Sie verlässt die Berliner Politik-Blase nun erst einmal nach dem Ende dieser Legislaturperiode – und geht ihren Weg.
Emily Vontz: Bringt nichts, sich nur auf die Couch zu setzen
Von Politik-Verdrossenheit ist bei der 23-Jährigen aber keine Spur: „Es war und ist mir eine Ehre, Bundestagsabgeordnete zu sein“, schreibt sie in ihrer Instagram-Nachricht. Die Entscheidung gegen die Kandidatur bedeute nicht das Ende ihres Engagements. Klimaschutz, Gleichberechtigung und deutsch-französische Freundschaft nennt sie als „ihre“ Themen.
Hören wird man sicher auch in der Zukunft von der jungen Saarländerin. Bei unserem Gespräch im März sagte sie – auch mit Blick auf die immer stärker werdende AfD: „Es bringt nichts, die Hoffnung aufzugeben und sich einfach auf die Couch zu setzen und nichts zu tun“.
Mehr über Emily Vontz
- Das Interview: So hat Deutschlands jüngste Abgeordnete ihr erstes Jahr im Bundestag erlebt
- Die Kolumne: Emily in Berlin