Hochwasser im Saarland – Scholz‘ Hilfsversprechen in Kleinblittersdorf

Der Kanzler macht sich nach den Unwettern im Saarland selbst ein Bild von der Lage. Konkrete finanzielle Hilfen des Bundes kündigt er nicht an, spricht aber von einer "Praxis der Solidarität".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) besuchen den vom Hochwasser betroffene Ort Kleinblittersdorf und reden mit Anwohner:innen. Foto: Harald Tittel/dpa
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) besuchen den vom Hochwasser betroffene Ort Kleinblittersdorf und reden mit Anwohner:innen. Foto: Harald Tittel/dpa

Kanzler Scholz zu Besuch im vom Hochwasser geplagten Saarland

Eigentlich wollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ganz woanders sein – nun aber stand er in blauen Jeans und mit Gummistiefeln in der Elsässer Straße von Kleinblittersdorf im Saarland. Inmitten von Häusern, in denen Keller und Erdgeschosse vollgelaufen waren, versprach der Kanzler am Samstag Hilfe: „Leider ist das ja hier nicht das erste Mal, dass wir eine große Naturkatastrophe zu bewältigen haben und deshalb werden wir natürlich schauen, was hier jetzt zu tun ist und was notwendig ist“, sagte Scholz. „Alle können sich darauf verlassen, dass das im besten Sinne geschieht.“

Extremer Dauerregen mit verheerenden Folgen

Enorme Regenmengen haben im Saarland am Freitag und in der Nacht zum Samstag für Überflutungen, Erdrutsche und voraussichtlich hohe Schäden gesorgt. In der Landeshauptstadt Saarbrücken stand die Stadtautobahn unter Wasser und musste gesperrt werden. Mehrere Menschen mussten im ganzen Land evakuiert werden. In Rußhütte, einem Stadtteil Saarbrückens, wurden sie etwa mit Amphibienfahrzeugen und Booten in Sicherheit gebracht. Die Behörden befürchteten zudem, dass die historische Altstadt von Blieskastel überflutet würde. Mehrere Einsatzkräfte versuchen dies zu verhindern. An dieser Stelle sind die Berichte zur Hochwasser-Lage im Saarland zu finden.

Auch im benachbarten Rheinland-Pfalz kam es zu Hochwasser – in beiden Ländern liefen Keller und Straßen voll. Viele kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer. In der benachbarten französischen Region Moselle in Lothringen herrschte am Samstag weiterhin die höchste Alarmstufe Rot für Überschwemmungen. Die gute Nachricht: An allen betroffenen Orten gab es bislang kaum Verletzte oder gar Tote zu beklagen.

Saarland im „Ausnahmezustand“

„Diejenigen, die an finanzielle Grenzen geraten, wenn es um Schaden bei Hab und Gut geht, sollen Unterstützung finden“, sagte auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), die Scholz begleitete, unter Verweis auf einen noch in der vorherigen Nacht gefassten Beschluss der Landesregierung. Und sie formulierte: „Es soll niemand im Regen stehen bei dieser schwierigen Lage.“ Das Land befinde sich „seit 36 Stunden im Ausnahmezustand“, sagte sie.

Erinnerungen an schweres Hochwasser im Jahr 1993

„Wir müssen feststellen, dass dies die schwierigste Lage ist seit dem Jahrhunderthochwasser vor 30 Jahren“, so Rehlinger. Damals, am vierten Advent im Jahr 1993, hatte das Saarland ein besonders schlimmes Hochwasser erlebt: Straßen mussten gesperrt werden, Keller wurden überschwemmt, Strom- und Telefonnetze kamen teilweise für Tage zum Erliegen. Zudem wurde schon vor 30 Jahren die historische Altstadt von Blieskastel überschwemmt und war nur noch per Schlauchboot erreichbar, wie der Saarländische Rundfunk berichtete.

Während die Glocken der Kirche der Gemeinde läuteten, ging Scholz zur Freiwilligen Feuerwehr von Kleinblittersdorf und ließ sich berichten, wie man inmitten der Wassermassen zu helfen versucht hat. „1993 war schlimmer“, sagte eine Frau auf dem Bürgersteig. „Da war hier alles unter Wasser.“ Heute sind die meisten Straßen begehbar, aber das Wasser steht hoch und bedrohlich in der Saar. Auf der anderen Seite des Flusses liegt Grosbliederstroff: Das ist schon Frankreich. „Ich fand 2018 schlimmer“, sagte eine andere Frau. Damals wurden nach heftigem Starkregen Schlammmassen in den Ort gedrückt: „Das war furchtbar, hier war alles kaputt.“ Hochwasser ist in Kleinblittersdorf nicht Alltag, aber nichts Ungewöhnliches.

Mehr als 3.000 Einsätze bislang verzeichnet

Rund 3.000 Polizei- und Rettungseinsätze seien im Bundesland seit Freitagmorgen erfolgreich verlaufen, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums. Allein die Polizei im Saarland verzeichnete bis Samstagmorgen (7.00 Uhr) rund 1000 Einsätze. Hinzu kommen nach Angaben des Saar-Innenministeriums mehr als 2.400 Einsätze von Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen. Trotz der enormen Wassermassen – der Wetterdienst maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden – ging es mit Blick auf mögliche Verletzte oder Tote vorerst glimpflich aus. „Aktuell liegen Meldungen über eine verletzte Person vor“, hieß es vom Sprecher. Der Mensch war demnach bei einem Rettungseinsatz verunglückt und musste wiederbelebt werden. „Die Person ist in stationärer Behandlung, Meldungen zum Gesundheitszustand sind derzeit nicht bekannt.“

Scholz: „Wir sehen hier, welche Gewalt die Natur hat“

Eigentlich hatte Scholz an diesem Samstag in Saarbrücken bei einer Wahlkampfveranstaltung rund 400 Bürgern Rede und Antwort stehen wollen. Am Vorabend wurde klar, dass das nicht mehr denkbar war: „Wir sehen hier, welche Gewalt die Natur hat, welche Zerstörung sie anrichten kann und wie sehr wir uns immer wieder auf solche Ereignisse vorbereiten müssen.“ Und ebenso wie die Ministerpräsidentin lobte auch er die Hilfe von offiziellen und ehrenamtlichen Helfern.

Scholz versicherte: „Wenn wir den Schaden besser besichtigen können und die unmittelbare Not- und Gefahrenlage zurückgegangen ist, dann wird es auch darum gehen, dass man miteinander verabredet, was zu tun ist, um denjenigen, die in Not geraten sind, zu helfen.“ Michael Burkert, Präsident des saarländischen Landesverbandes des Deutschen Roten Kreuzes, erzählte dem Kanzler, dass man „aus dem Stand heraus“ 400 freiwillige Helfer mobilisiert habe, auch aus Hessen und Rheinland-Pfalz.

Als der Kanzler in seine schwarze Limousine stieg, schien die Sonne über Kleinblittersdorf, die Straßen waren wieder trocken. Die Saar floss allerdings immer noch schneller als sonst.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur