Immer mehr Wölfe in Rheinland-Pfalz – Frust bei Schäfern

Erstmals haben in diesem Jahr wieder Wölfe in Rheinland-Pfalz Nachwuchs zur Welt gebracht. Was Naturschützer freut, betrachten Schaf- und Ziegenhalter mit Sorge. Sie pochen auf finanzielle Unterstützung für aufwendige Schutzmaßnahmen.
Immer mehr Wölfe werden in RLP gesehen. Symbolfoto: picture alliance/dpa
Immer mehr Wölfe werden in RLP gesehen. Symbolfoto: picture alliance/dpa

Elektrozaun zum Schutz gegen den Wolf

Eigentlich ist es ein perfektes Gebiet, in dem die 500 Schafe von Werner Neumann weiden: in einem Tal bei Ransbach-Baumbach im Westerwaldkreis, mit einem „wunderschönen Bachlauf“ in der Mitte, so der Schäfer- und Landwirtschaftsmeister. Doch damit seine Merino- und Schwarzkopfschafe hier in Frieden leben können, hat Neumann mehrere Stunden damit verbracht, den Bach mit einem Elektrozaun abzugrenzen. „Das wäre normalerweise nicht nötig. Aber wir wissen ja, dass der Wolf gerne auch mal durchs Wasser kommt.“

Neues Rudel hat sich angesiedelt

Und das Raubtier ist nicht weit entfernt von der Herde: Etwa 15 Kilometer weiter hat sich vor kurzer Zeit ein neues Rudel angesiedelt. „Meine Freude, als ich davon erfuhr, hielt sich in Grenzen“, gibt Neumann, der Vorsitzende des Landesverbandes der Schaf- und Ziegenhalter, zu. Laut Naturschutzbund Nabu können Wölfe an einem einzigen Tag mehr als 70 Kilometer zurücklegen.

Insgesamt acht Wölfe in RLP

Nach Angaben des Umweltministeriums leben in Rheinland-Pfalz aktuell etwa acht Wölfe, darunter vier Welpen. Zusätzlich zu der neueren Ansiedlung im Hachenburger Raum, bei dem jetzt auch drei Welpen entdeckt wurden, gibt es das Leuscheider Rudel an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Hier habe man bislang einen Welpen per Fotofalle nachweisen können, so der zuständige Referent Peter Sound. Denkbar sei, dass es auch noch weitere gibt. So oder so eine Besonderheit: Denn im vergangenen Jahr konnte man keinerlei Nachwuchs vermelden.

Weniger Wolfsrisse als letztes Jahr

Zusätzlich zu den sesshaften Tieren kämen immer mal wieder auch durchziehende Wölfe aus Belgien, den Niederlanden und Mitteldeutschland. Deren Zahl lasse sich jedoch nicht genau beziffern. Bislang verzeichnet das Ministerium in diesem Jahr insgesamt acht Wolfsrisse. Im Vergleich zum Spitzenjahr 2021 mit rund 60 Rissen sei dies nach Ansicht von Sound sehr wenig. „Ich behaupte, die Präventionsmaßnahmen wirken.“

Mehr Unterstützung von der Politik gefordert

Die Schaf- und Ziegenhalter in Rheinland-Pfalz begrüßen zwar die Finanzierung von Schutzmaßnahmen, wünschen sich jedoch auch Unterstützung für den Mehraufwand bei den Zaunarbeiten. „An einem normalen Tag braucht man drei Stunden mehr Zeit, bis man mit einem halbwegs ruhigen Gewissen nach Hause fahren kann“, sagt Werner Neumann. Schon vor Jahren sei von der Politik versprochen worden, diesen zusätzlichen Aufwand durch EU-Geld zu vergüten. Doch angekommen sei bislang noch nichts. „Das ist unfair“, meint der Landesvorsitzende. „Es kann nicht sein, dass die Naturschutzverbände Gelder für Wolfsprojekte einstreichen, und wir haben die Arbeit und gehen leer aus.“

Der Frust bei den Haltern ist da

Viele Halter seien darüber sehr verärgert. „Es ist ja nicht so, dass alle sagen, man soll die Wölfe abknallen. Die meisten meinen, es ist ein Lebewesen, wie jedes andere auch. Aber wir erwarten, dass unsere Leistung bezahlt wird – das würde auch die Akzeptanz erhöhen“, sagt Neumann.

Wolfsmanagementplan soll kommen

Dem Umweltministerium sind Austausch und Kommunikation mit Naturschutzverbänden, Landesjagdverband und Schäfern wichtig. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Referent Peter Sound. „Vertreter anderer Länder sagen, es sei beneidenswert, wie ruhig und sachlich die Situation in Rheinland-Pfalz ist.“ Ein überarbeiteter Wolfsmanagementplan solle im Spätsommer in Kraft treten – auch mit Änderungen, auf die die Schaf- und Ziegenhalter gedrängt hatten. So werde der sogenannte Präventionsraum, in dem ein Wolf bislang sechs Monate nachgewiesen werden musste, auf drei Monate verkürzt. „Dadurch kommen wir den Schäfern entgegen, die dann schon die volle Förderung erhalten.“ Das sei eine freiwillige Leistung des Landes, auf die es keinen Rechtsanspruch gebe.

Wolfsrückkehr hat auch was Gutes

„Der Wolf ist da, und er wird bleiben“, meint der promovierte Biologe. Für ihn sei dessen Rückkehr ein Zeichen dafür, dass Artenschutz funktioniere. „Die Idee, dass man ihn wie früher ausrotten könnte, ist Quatsch.“ Dagegen spreche das deutsche und das europäische Recht. Daher käme man nicht umhin, mit dem Wolf umgehen zu lernen. „Und wir müssen es schaffen, dass es keine Übergriffe gibt und ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben funktioniert.

Risse sind auf einen Wolf zurückzuführen

Werner Neumann fordert in diesem Zusammenhang, die „übergriffigen Wölfe“ loszuwerden – etwa durch einen gezielten Abschuss. So seien viele Risse auf einen einzelnen Rüden zurückzuführen. „Das ist der faule Apfel im Korb, der alle ansticht. So einer muss sofort weg – denn der bringt es den anderen bei.“ Dies habe seiner Ansicht nach nichts mehr mit Artenschutz zu tun, sondern mit Vernunft.

Kaum Wölfe im Saarland

Auch das Saarland ist theoretisch auf Wölfe vorbereitet und orientiert sich mit seinem Managementplan an dem von Rheinland-Pfalz. Bislang wurde hier jedoch noch keines dieser Raubtiere durch Fotos oder DNA nachgewiesen. „Das Saarland ist aufgrund seiner hohen Siedlungs- und Trassendichte kein prädestiniertes Wolfsland„, sagt Matthias Weber, Sprecher im saarländischen Umweltministerium.

Zukünftig mehr Wölfe im Nachbarbundesland

Erst wenn Deutschland in den nächsten Jahrzehnten vom Wolf flächendeckend besiedelt sei, könne der erhöhte Populationsdruck zu einer dauerhaften Besiedlung führen. „Vereinzelte Vorkommen in den benachbarten Regionen bedeuten jedoch noch lange nicht, dass er sich zeitnah auch bei uns etabliert“, meint Weber. Wölfe aus Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Lothringen seien bislang vermutlich eher „heimlich“ durch das Saarland gelaufen. Dass es bei den Nachbarn im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz bislang noch keinen Nachweis gebe, führt Peter Sound auch auf die überschaubare Größe des Landes zurück: „Wenn der Wolf morgens im Saarland aufwacht, ist er mittags schon durch.“

Deutsche Presse Agentur