Stiftung Warentest prüft Halsschmerz-Mittel: Viele Medikamente sind „ihr Geld nicht wert“
Stiftung Warentest prüft Mittel gegen Halsschmerzen
Zunächst ein Kratzen im Hals, dann am nächsten Tag ein fieser Halsschmerz: Bei einer Halsentzündung greifen viele Personen zu Mundsprays, Halstabletten, Säften oder Lutschpastillen. Sie alle versprechen Linderung. Daher wollte die Stiftung Warentest wissen: Was können die Halsschmerz-Mittel wirklich?
Zahlreiche häufig gekaufte Produkte wurden so von den Fachleuten unter die Lupe genommen („test“-Ausgabe 12/2024). Heißt: Die Tester:innen haben Studien gesichtet, die Erkenntnisse über Nutzen und Risiken sowie Wirkungsweise der Erkältungshelfer liefern.
Meiste Mittel sind „ihr Geld nicht wert“
Laut Angaben der Stiftung Warentest wurden in Deutschland im vergangenen Jahr in Vor-Ort- und Versand-Apotheken 30,8 Millionen Packungen rezeptfreie Mittel gegen Halsschmerzen verkauft. Meist seien die Produkte nicht billig. Das „traurige Fazit“ im „test“-Heft: „Die meisten der geprüften Mittel sind ihr Geld nicht wert“.
Für viele der geprüften Medikamente sei wissenschaftlich nicht belegt, „ob sie besser helfen als ein Scheinmedikament“. Obendrein könnten „einige der Arzneimittel schwerwiegende Nebenwirkungen haben – etwa Geschwüre in der Mundschleimhaut auslösen“.
Das sind die Empfehlungen: Mehrere Produkte eignen sich – aber nur mit Einschränkung
Immerhin mehrere Produkte beurteilen die Warentester:innen als „mit Einschränkung geeignet“. Zwar lindern sie die Beschwerden nicht besser als andere Mittel im Test. Aber sie bringen keine gravierenden Nebenwirkungen mit sich. Dabei handelt es sich unter anderem um:
- „Halstabletten Kirsch-Menthol“, „Halstabletten Holunderblüten-Mentholfrei“, „Halstabletten Grapefruit-Menthol“ und „Halstabletten Cassis-Menthol“ von Gelorevoice
- „Moos Pastillen“ und „Junior Pastillen“ von Isla
- „med akut Zitrus-Honig Pastillen“, „med akut Pastillen“ und „med voice Pastillen“ von Isla
- „Hydro Med Lutschpastillen“ von Ipalat
Bei all diesen gilt laut Warentest aber: „Mit Einschränkungen geeignet, um Halsbeschwerden unterschiedlicher Ursache zu behandeln. Die therapeutische Wirksamkeit sollte noch besser belegt werden.“
Die Gemeinsamkeit dieser Mittel: Es sind Medizinprodukte – und keine Arzneimittel. Das heißt: Sie arbeiten nicht pharmakologisch, machen sich demnach keine Arzneistoffe zunutze, die auf der Zellebene wirken. Stattdessen ist die Wirkung physikalisch.
Wirkstoffe können oft nur weniger ausrichten, als erwartet
Grundsätzlich gilt: Haben Erkältungsviren die Halsschleimhäute befallen, gibt es kein Heilmittel, das die Entzündung einfach wegzaubern kann. Binnen von zwei bis sieben Tagen heilt sie üblicherweise von alleine ab. Beschwerden lassen sich in diesem Zeitraum aber lindern. Das darf man auch von den Mitteln erwarten, die sich die Tester:innen angeschaut haben. Denn alleine etwa das Lutschen einer Tablette erzeugt Speichel, der Rachen sowie Mund befeuchtet. Das soll einen reizlindernden Effekt haben.
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Hingegen können die Wirkstoffe oftmals weniger ausrichten, als so manch einer sich wohl erhofft. Etwa stellte „test“ beim entzündungshemmenden und schmerzstillenden Benzydamin fest: Es sei nicht belegt, dass der Wirkstoff bei Halsentzündungen mehr ausrichte als ein Placebo. Dazu kommt, dass der Wirkstoff Allergien auslösen könne. Die Bewertung: „wenig geeignet“.
Zum Thema Nebenwirkungen
Zum Thema Nebenwirkungen: Der Wirkstoff Flurbiprofen könne zu Geschwüren in der Mundschleimhaut führen. Außerdem töten „test“ zufolge antiseptische Wirkstoffe nicht nur unerwünschte Bakterien ab. Sondern auch nützliche.
Weitere Anmerkung im „test“-Heft: Mit Präparaten, die mehrere Wirkstoffe kombinieren, kaufe man sich im Zweifel mehr Nebenwirkungen ein. Der Stiftung Warentest zufolge sind sie nicht wirkungsvoller.
Diese Mittel sind nur „wenig geeignet“
Laut Stiftung Warentest sind unter anderem diese Mittel bei Halsschmerzen nur „wenig geeignet“:
- „Sulagil Halsspray“ von Wick („keine sinnvolle Wirkstoffkombination. Gegen durch Viren verursachte Halsentzündungen wirken Antiseptika nur lückenhaft oder gar nicht. Bakterien in tieferen Schleimhautschichten werden nicht erreicht“.)
- „Kamillosan Mund- und Rachenspray“ von Viatris Healthcare
- „Septolete mit Zitronen-Honig-Geschmack 3 mg/1 mg Lutschtabletten“ von Tad Pharma („Risiko für allergische Reaktionen“.)
- „Lemocin gegen Halsschmerzen Lutschtabletten“ von Stada Consumer („Das Antibiotikum Tyrothricin wirkt nur oberflächlich und erreicht tiefer im Gewebe siedelnde Bakterien nicht“.)
- „Dobendan Direkt Zuckerfrei Flurbiprofen 8,75 mg Lutschtabletten“ von Reckitt Benckiser Deutschland („Flurbiprofen kann die Mundschleimhaut schädigen und allergische Reaktionen auslösen“.)
- „Neo-angin Halstabletten“ von MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft („Gegen durch Viren verursachte Halsentzündungen wirken Antiseptika nur lückenhaft oder gar nicht. Bakterien in tieferen Schleimhautschichten werden nicht erreicht“.)
- „Tantum Verde 1,5 mg/ml Lösung zur Anwendung in der Mundhöhle“ von Angelini Pharma Deutschland („Wenig geeignet bei Halsentzündung, weil die therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist und ein Risiko für allergische Reaktionen besteht“.)
An dieser Stelle gibt es die gesamten Testergebnisse (z. T. kostenpflichtig, Hinw. d. Red.).
Halsschmerzen durch Hausmittel lindern
Die teuersten Produkte im Test kosten über 15 Euro. Günstiger – und ähnlich gut – lassen sich Halsschmerzen auch mit Hausmitteln lindern. Etwa mit sauren Bonbons, so „test“. Je saurer sie sind, desto mehr Speichel bildet sich. Damit könnten die Schleimhäute besser befeuchtet werden.
Zudem ist es ebenso wohltuend, reichlich zu trinken. Das kann bei Halsschmerz auch gut ein Tee mit Lindenblüten, Thymian oder Salbei sein. Gurgeln mit Salzwasser kann darüber hinaus dabei helfen, die Mund- und Rachenschleimhaut von virendurchsetzten Belägen zu befreien.
Verwendete Quellen:
– Stiftung Warentest
– Deutsche Presse-Agentur